2017/06/20

Bodo #117: Deckmantelgeschichten

Liebes Bodo,

damals, als ich noch jung war ...

... HEY! NICH WEGLAUFEN! Wird nich schlimm, will was ganz Liebes sagen ...

... also, wir hatten eine gute Arbeitsbeziehung.

Frauen und Männer, meine ich.

Es gab in unserer Klassengemeinschaft keinerlei Zweifel an Potenz und Kompetenz des weiblichen Geschlechtes. Die klitorisierte Hälfte der Gemeinschaft war ganz generell besser informiert, höher benotet, mit größerem Eifer umgarnt und sozial hochwertiger eingestuft.
Das war eine Selbstverständlichkeit. Niemand mußte es aussprechen, niemand hatte ein Problem damit. Auch die Mädels mußten nicht alle 5 Minuten auf ihre Überlegenheit hinweisen. Sie waren locker drauf, ließen uns abschreiben, gaben uns Kerlen freiwillig Hilfestellung bei Stoff und ... naja, Stoff, konnten auch mal ne "Blöde Fotze!" mit nem Lächeln wegstecken ohne #Aufschrei, fühlten sich nicht benachteiligt
... weil sie's nicht waren.

Ich erinnere mich gerne ab und zu an die Eine. Diese EINE. Wer sie kannte, weiß, wen ich meine.
Das Gesicht aus Porzellan, die Titten aus Beton, eine Figur, die sogar Jessica Rabbit vor Neid würde erblassen lassen. Obendrein war sie fast unanständig intelligent und charmant. Sie hatte ALLES, was man als Mensch an positiven Eigenschaften besitzen kann. Die ganze verdammte Lehranstalt hat von ihr geschwärmt, bis hin zur Direktorin. Jedem von uns (Kerlen) war klar, daß dieses Mädel in ein paar Jahrzehnten Weltherrscherin sein würde. An jeder Universität würde sie lehren, während unsereins bestenfalls als Hausmeister dort geduldet wäre und alle Studenten weltweit wären von ihren Vorträgen begeistert, verzaubert gar!
Von ihrer bloßen Gegenwart hat der eigene Feingeist stark profitiert, sogar wenn dieser vorher kollektiv in Himbeergeist ertränkt worden war. Sie war bundeslandweit das einzige Schamlippenkonstrukt, mit dem man sowohl über gleichseitige Kosinusse als auch über "The Real Ghostbusters" auf hohem Niveau Austausch betreiben konnte. Ihr Potential war unbegrenzt.
...
Hab sie kürzlich mal gegoogelt.
...
Nach der Schule hat sie offenbar ... für nen ortsansässigen Landpommeranzen die Beine breit gemacht und ist jetzt hauptberuflich Hausfrau und Mutter.
...
Scheint ihren Heimatort nicht häufig verlassen zu haben. Wenn überhaupt.
...
Tja.
Lebensentscheidung halt.
Hab ich nix gegen.
...
Bin ICH aber auch echt nich dran Schuld!

Keiner der Kerle um sie herum hat während ihrer Jugend Sachen gesagt wie ... "Geh nich zur Uni, haste als Frau eh keine Chance!" ... oder ... "Ausbildung ist an Frauen wie dich verschwendet. Mehr als aufm Rücken landen und Blagen werfen steht nich deinen Sternen, Liebes." ...
Ganz im Gegenteil. Wie gesagt.
War ihre alleinige Entscheidung. Sowas passiert. Öfter, als dem Feminismus lieb ist.

Und all die anderen teilweise extrem cleveren Mädels in der Klasse?
Haben alle ihren Weg gemacht. Eine ist jetzt gefeierte Ingenieurin und überzeugte Katholikin. Eine Andere ist nach Kanada ausgewandert und hat sich einem Training unterzogen, welches den angeblichen "Amazonen" auf TV- und Kinolandwand vormacht, wie Frauenkörper WIRKLICH aussehen, wenn man sie stählt: jedes Sixpack am Bauch wölbt stärker hervor als ein beliebiger der beiden rudimentären Brustreste, ihre Arme doppelt so dick wie Gal Gadots Beine!

Egal, in welche Profession an welchen Ort der Erde es sie alle auch verschlagen hat, ihnen ist, soweit ich es beurteilen kann, eines gemein ...
Benachteiligung haben sie keine erfahren. Haben nur nicht alle was aus ihren Vorzügen gemacht. Was völlig ok ist. Dafür ist Selbstbestimmung da.

Bereits eine Generation später heult mir das Internet die Sonderrolle der armen, ausgebeuteten Frau vor. Von früh bis spät. In jedem noch so haarsträubenden Kontext.
Bevor ich Internet hatte, war Geschlechterkampf für mich überhaupt kein Thema. Die Welt war klar strukturiert. Hatte viele starke Frauen verehrt und selbst die "schwachen" niemals gering geschätzt. Es gab keinen Anlass dafür.
Heute ...
fuck ...........
würd ich die dummen Kinder am liebsten alle übers Knie legen.
Die ewige Opferrolle vorwärts des von Natur aus mit vielen an Unfairness grenzenden Vorzügen bedachten Geschlechtes stößt mir übel auf. Es scheint mir, als waren wir auf dem Wege hin zur gleichberechtigten Harmonie zwischen Vagina und Penis in den Neunzigern bereits weiter als heute.
Verbitterung ist mir echt nicht fremd. Allerdings hab ich mir die meine redlich verdient. Was da so alles ungefiltert an Weltschmerz herausschwappt aus den Mündern bzw. Fingerspitzen noch nicht einmal volljähriger Mösenzwerge könnte eine lebenslange Unterdrückung auf dem Level Saudi-Arabiens oder Nord-Koreas nahe legen, stammt jedoch von wohlbehüteten deutschen Schülerinnen und Azubis.
Hab ich was verpasst? Wurde irgendwann zwischen Kohl und Merkel ein Gesetz erlassen, das es der deutschen Frau verbietet, sich für wohlbetuchte  Berufsfelder ausbilden zu lassen? Welche RECHTE habe ich als Mann in der verfickten BRD, die eine Frau nicht hat?
Und was soll ausgerechnet Wonder Woman, eine der wenigen Superheldinnen, die den speziell gelagerten Ausnahmestatus ihrer Potenz als Frau im Namen trägt, an dieser scheinbar erdrückenden Ungerechtigkeit zu ändern vermögen, wenn am Ende doch wieder alle aussehen sollen wie frisch vom Laufsteg gepurzelt, dabei noch stark, intelligent und der wie auch immer beschaffenen Opposition jederzeit einen Schritt voraus sein müssen?

Verständlich, daß die überzüchtete Weiblichkeit der Postfaktenmoderne in Erbärmlichkeit und Börnautismus ersäuft. So perfekt kann niemand sein! Und wenn doch ... dann isses halt ein WONDER! Per Definition etwas SEHR Seltenes, eigentlich Unmögliches.
Strebe diesem Vorbild nach, kleines Mädchen, und du kannst nur scheitern, sofern kein WONDER passiert!
Perfides kleines Drecksspiel mit Idealen und Erwartungen!

Ok, sicher, diese EINE. Die war perfekt.
Und hat ihre Perfektion dem heimischen Herde verschrieben.
Die Freiheit, sich selbst verschwenden zu dürfen. Darum sollte es gehn.
Tun und auch Lassen dürfen, was immer gefällt.
Nehmt euch selber den Druck ausm Kessel, Mädels! Wird Eisenbahn!

...
Laßt mich raten ...
ich als in allen Bereichen des Lebens bevorzugter Patriarch will euch mit diesem Appell unten halten, unterdrücken, meine Vormachtstellung verteidigen?!

~seufz~ 

...
Ok. Mag sein.
Vielleicht will ich aber auch einfach meine Frauen wieder haben.
Die starken und eigensinnigen, dabei aber trotzdem gechillten und selbstsicheren Frauen, die mich so häufig aufgefangen haben, ohne mich dabei zu verachten ...
die clever genug waren zu begreifen, daß es nicht notwendig ist, zur eigenen Erfüllung immer als Erste durchs Ziel zu hecheln ...
mit denen man reden, sogar ausführlichst STREITEN konnte, ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen ...
und die trotzdem niemals Zweifel haben aufkommen lassen an ihren Qualitäten, an ihrer Überlegenheit, an ihrer Rolle als nicht nur bessere, sondern auch schönere und insbesondere klügere Hälfte der Menschheit.

Weniger WONDER, mehr Towanda!
Und ein großes dickes Herzsymbol an all meine Bitches da draußen, die verstehen, wovon ich rede ... auch wenn sie's vielleicht anders begreifen.

Tschiiriioh.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich kann mich noch erinnern, wie ich nach dem großen #aufschrei erst einmal den Artikel der Laura Himmelreich durchgelesen habe und ihr bei der Einleitung einfach eine Besinnungsohrfeige geben wollte.
Klar, es gibt Tage an denen man einfach keinen Bullshit erträgt und nicht alles an einem abprallt, aber bei einem so einfachen Ziel wie Brüderle, dem alten, nicht ernstzunehmenden Kauz, da hätte ich einfach freundlichst erwidert, dass seine Oberweite ein Dirndl sicherlich noch besser ausfüllen würde und dann hat sich die Sache. (Wäre als Anekdote in dem Text sicher viel effektiver gewesen. Und lustiger.)
Mich stört diese Opferrolle auch. Und ich weiß nicht, ob wie immer die bösen Medien schuld sind oder sich die Menschheit einfach zurück entwickelt, aber irgendwie ist es wie bei allen Themen: Keine Reibungen, kein gemeinsamer Fortschritt, weil man nur noch mit Gleichdenkenden kommuniziert und alle anderen ablehnt.

Und Frausein und so: Klar, die gute Gal und die Patty haben jetzt nicht den Feminismus neu erfunden, aber die Wirkung von Mainstreamfilmen auf Menschen in ihrer Wahrnehmung der Welt ist erschreckend. Stichwort: Porträtierung von psychischen Erkrankungen, wo 98 Prozent aller Menschen auf "Wissen" aus Film und Fernsehen zurückgreifen. Klar, nicht immer bewusst, aber das Medium prägt. Und natürlich macht es ein Unterschied, ich glaube jedoch nicht unbedingt für kleine Mädchen, mit wem sie auf der großen Leinwand mitfiebern. Ich empfinde es als absolut normal, mich seit der Kindheit mit männlichen Protagonisten identifizieren zu können, habe aber selten erlebt, dass Jungs sagen, dass sie sich mit Hermine, Merida, Imperator Furiosa, Rey oder wem auch immer identifizieren können. Das schließen ganz ganz ganz viele Kerle emotional für sich aus.
Merke ich zum Beispiel auch bei OITNB. Ich kenne keinen Kerl meines Alters, der nicht als allererstes sagt, dass da ja ganz schön viele weibliche Charaktere sind und ihn das total überfordert und demnach die Serie nicht so sein Fall ist.
Und was denkst du, was ich für furchtbare Gespräche in meinen drei Semestern Regiestudium über mich ergehen lassen musste. "So langsam reicht das aber auch mit diesen ganzen Schwuchteln und Frauen." Und das sagen dann so Kerle Anfang bis Mitte 20, bei denen man nicht einmal denken kann, dass sie eh bald weggestorben sind.
Wo war ich stehengeblieben?

Ach keine Ahnung. To be continued...
Towanda!

SammyD hat gesagt…

Sich als Kerl mit weiblichen Charakteren zu identifizieren, gilt in der Tat als eher unschicklich und muß meiner Ansicht nach auch nicht unbedingt sein. Ohne Hermine Granger hätten Ron und Harry schon das erste Buch wohl kaum lebendig überstanden; sie ist der wahrscheinlich bedeutendste Charakter der gesamten Reihe, zumal sie ihre Erfolge nicht, so wie der kaputte Potter-Dödel, auf pures Glück und/oder Vorsehung stützt, sondern auf Kompetenz, Weitblick und Empathie.
Ich hab mit Hermine immer am meisten mitgefiebert getan.
Hermine SEIN wollte ich aber nie. Dann hätte ich ja auf Ron stehen müssen. Unvorstellbar.
Identifikation wird besonders dann zum Problem, wenn als positiv oder negativ empfundene Charakterzüge immer denselben Charaktertypen aufgeschnallt werden, um sie möglichst effektiv in Szene zu setzen. Fast alle zwielichtigen Figuren in den Potter-Büchern etwa sind fett und/oder häßlich. Ist mir von Anfang an übel aufgestoßen. Wäre Hermine ne kleine Dicke mit Blumenkohlohren und schiefen Zähnen gewesen, meine Sympathie hätte Grenzenlosigkeit tangiert, ohne dabei unbedingt in Identifikationsnot zu geraten.
Aber das is jetzt scho widder viel zu theoretisch.

Ansichten wie der Schwuchtel-Frauen-Ausspruch werden geboren aus aufgezwungener Diversität. Manchmal. Ab und an is einer eben einfach Arschloch. Musses auch geben, machen gute Filme dann und wann, die Arschlöcher. :)
Gefangen zwischen dem Diversity-Anspruch und dem Erkunden der eigenen Wahrheit läßt sich Kunst nur verstümmelt kreieren. Mir ist das authentische Lebenswerk eines (bekennenden) Vollidioten lieber als das durch politische/gesellschaftliche Erwartungshaltung verwaschene Meisterstück.
Wobei ich keinesfalls die Uhr zurückdrehen will. Die Zeit der Heldinnen ist längst überfällig. Solange man sie nicht zur Omnipotenz hochstilisiert, sie auf ein Podest stellt und mit Bewunderungsorgien überschüttet, ungeachtet ihrer offenkundigen Fehler.
Deine Medienmädchen etwa ... Hölle. Eine von denen hat Jean Grey zum Superheldinnen-Ideal gekührt, unter Verwendung rhetorischer Stilblüten wie "maximale Macht gepaart mit maximalem Einfühlungsvermögen" oder so ähnlich.
Jean Grey! Ein menschlicher Atomsprengkopf! Mit instabilem Gefühlsleben!!!
Die personifizierte Hysterie.
MannMannMannMannMannMannMannMann ...
ich meine ...
FrauFrauFrauFrauFrauFrauFrauFrau ...
ok, seien wir ehrlich ...
BITCHBITCHBITCHBITCHBITCHBITCHBITCH ...

Dann doch lieber Tank Girl. SEHR viel bessere Wahl. :)

Danke fürs Reinlesen.